Holländer und ihre Eigenheiten Teil 2

Holländer und ihre Eigenheiten Teil 2 Image

Holländer und ihre Eigenheiten Teil 2

Es ist wieder soweit. Zwei weitere Monate sind um und ich denke, ich habe wieder ein paar interessante Sachen in dem Land der Wasserexperten beobachtet. Hier geht es zum ersten Teil.
6. PRÜFUNGSPHASE
Also man kennt das ja, wenn es stressig wird, dann kann die gesunde Ernährung, die ja so wichtig ist, hinten über fallen. Die meisten Studenten in Deutschland haben in der Prüfungsphase mehr Probleme damit ihre Pizzarechnungen zu begleichen, als Töpfe und Pfannen abzuwaschen. Wenn Formeln, Zahlen, Wörter, Theorien.. etc. nicht ins Lang- oder Kurzzeitgedächtnis wollen, dann greifen viele zu Schokolade, Chips, Gummibärchen, Pizza, Tiefkühllasagne – einfach alles was schnell geht und den Nerven das nötige Durchhaltevermögen schenken. Der Nachteil ist natürlich, dass diese Nervennahrung auf den Hüften wieder zu finden ist. Das Glück der deutschen Studenten jedoch: Prüfungsphase gibt es nur zwei mal im Jahr! In den Niederlanden gibt es zwei mal pro Semester, sprich vier mal im Jahr eine Zeit der Völlerei (abgesehen von Weihnachten, Ostern und anderen Feiertagen, an denen geschnuckert und gemampft wird). Für mich heißt das – vier mal im Jahr unnötige Kilos anfuttern… die Leute im Bildungsministerium haben wohl die Bikinisaison bei dieser Überlegung nicht bedacht…
7. INDIREKTE BELEUCHTUNG
Mittlerweile sind wir ja in der kalten und dunklen Jahreszeit voll und ganz angekommen. Temperaturen um den Gefrierpunkt (vriespunt) und völlige Dunkelheit ab vier Uhr sind eindeutige Anzeichen für den Winter! Bei meinen täglichen Heimfahrten im Dunkeln ist mir was aufgefallen. Da man ja bekanntlich in Holland den Menschen sprichwörtlich von draußen auf den Teller gucken kann, weil die Häuser einfach mal riesige Fenster direkt am Straßenrand haben, habe ich bemerkt, dass die Holländer anscheinend große Fans von indirekter Beleuchtung sind. In eigentlich jedem Wohnzimmer, an dem ich vorbei fahre, scheinen kleine Lampen in den Ecken und sehr selten ist das große Deckenlicht an – höchstens in den Küchen und selbst da sehe ich es nicht so oft. Natürlich sieht es viel gemütlicher aus und ich kann diese Leidenschaft total nachvollziehen. Ungewöhnlich fand ich es trotzdem, da in Deutschland – zumindest, da wo man in die Wohnungen reinschauen kann – oft volle Beleuchtung erwünscht ist “Man sieht ja sonst nicht, was man auf dem eigenen Teller hat”.
8. DAS ESSEN
Das bringt mich dann auch direkt zu meinem nächsten Punkt. Was haben die Holländer denn bloß mit ihren “tot-gematschtem” Essen. Schon vor meinem Umzug kannte ich Bitterballen und Fleischkroketten. Meiner Meinung nach, ist der Geschmack ja gut, aber die Konsistenz ist wirklich unerhört!- eine weiche Matschepampe umhüllt von einer knusprigen (viel versprechenden) Panade. Die Sucht nach Frikandeln (vor allem Frikandeln Spezial mit Zwiebeln) kann ich nicht nachvollziehen. Letztens habe ich ein Schnitzel bestellt – und was habe ich bekommen? Eine panierte Scheibe Fleischmasse mit eingearbeiteten Kräutern – das dürfte sich in Deutschland kein Schnitzel nennen (hier ein kleiner Wink an “Don’t Call It Schnitzel – Thillmann’s Toasty). Und von den Brötchen möchte ich ja gar nicht erst anfangen zu reden. Also entweder sind sie knüppelhart (vom Bäcker wohl gemerkt!) und fallen in sich zusammen, wenn man reinbeißt. Ich hatte das Gefühl als ob ich eine Wolke beiße – nicht so angenehm, wenn man wirklich hunger hat! ODER man bekommt Hamburger-Brötchen zum Frühstück. Zum Glück habe ich schon meine “guten Brötchen Stellen” ausfindig gemacht. Denn an den Frischetheken sowohl die Aufbackversionen bei Lidl und Albert Heijn können als “normale” köstliche Brötchen durchgehen. Denn wenn ich hier schon kein Vollkornbrot kriege, möchte ich wenigstens vernünftige Brötchen essen können.  Aber die Holländer können ja doch auch was leckeres zaubern! Zum Beispiel bin ich ein großer Fan von Stroopwafels, Kaas und Frietjes! Und das alles ist ja bekanntlich Geschmackssache…ich möchte nur mit diesem Punkt sagen, dass man sich hier auf etwas gefasst machen muss. Und die niederländischen Stamppots habe ich ja noch gar nicht probieren können. Vielleicht kann ich mich ja doch noch für die niederländische Cuisine begeistern lassen – mit den Süßigkeiten haben sie mich ja schon längst gewonnen!
9. FREUNDLICHKEIT
Seitdem ich hier wohne – also in ganzen drei Monaten habe ich erst einen einzigen unfreundlichen Niederländer getroffen! Und das finde ich einfach einzigartig! Ich bin so begeistert davon, dass hier alle so nett sind. Die Professoren lächeln, wenn man an ihren Büros vorbeigeht. In der Stadt rempelt dich keiner an und auch sonst hilft dir jeder, wenn du danach fragst – und das sogar auf deutsch, wenn sie merken, dass du aus Deutschland kommst. Und doch muss es ja Ausnahmen geben und von dieser Situation wollte ich berichten. Ich war auf dem Weg zur Uni und fuhr gemütlich auf meinem Fahrrad auf dem Fahrradweg. Dabei wurde ich (wie so oft) von einem Radfahrer überholt. Ich fuhr hinter ihm her und konnte auch für eine Zeit mithalten. Dann kam uns ein joggendes älteres Pärchen auf dem Radweg entgegen und anstatt dass der Radfahrer vor mir weiter auf die rechte Seite fuhr, NEIN, da rahmt er doch wirklich den alten Herrn an der Schulter! Ich konnte meinen Augen nicht trauen und dann fuhr er auch noch einfach weiter! Der arme Mann schrie nur “godverdamme!” hinter diesem Rüpel her. Ich war total geschockt und habe im gleichen Zug mein erstes Schimpfwort gehört, seitdem ich hier bin. Natürlich kannte ich es schon, aber es in live und mit voller Berechtigung zu hören war schon ein Erlebnis!
10. SINTERKLAAS
Also das habe ich gerade letzte Woche gelernt und mir noch mal explizit von einem Niederländer erklären lassen. Hierzulande kommt am Abend des 5. Dezember Sinterklaas (Nikolaus) zu den Kindern. Dabei ist auch Zwarze Piet (schwarzer Peter), der die Kinder glaub ich verhaut, wenn sie schlecht waren. Sinterklaas bringt die Geschenke und kommt mit seinem Schiff aus Spanien (obwohl wir ja mittlerweile alle wissen, dass Nikolaus ein türkischer Bischof ist). Na, auf jeden Fall gibt es hier wohl jedes Jahr die gleiche Debatte darüber, ob Zwarte Piet nun rassistisch oder nicht. Also nicht die Figur an sich, sondern wofür sie steht. Denn Zwarte Piet ist schwarz, hat leuchtend rote Lippen und dicke schwarzen Locken. Er trägt ein buntes (Clowns-)Kostüm und wird von allen Kindern geliebt. Sinterklaas hat wohl die Sklaven befreit oder zumindest irgendwas sehr nettes für die Familie/Volk von Zwarte Piet getan (da sollte ich vielleicht noch mal nachfragen) und aus Dankbarkeit dient Zwarte Piet nun Sinterklaas. Und seit einigen Jahren beschweren sich halt Leute darüber, dass sich weiße Menschen schwarz anmalen und in ein Dieneroutfit steigen. So wirklich kann ich diese Aufruhe nicht verstehen. Alle lieben Zwarte Piet und keiner denkt dabei an Rassismus oder daran dass alle schwarzen Menschen Diener sein sollten. Meiner Meinung nach, ist es einfach ein schöner Brauch und im November und Dezember sieht man Zwarte Piet überall. Außerdem ist dieses Fest fast wichtiger als Weihnachten. Denn am Heiligen Abend gibt es hier wohl “nur” ein großes Familienessen, aber keine Geschenke. Die gibt es ja nun schon am 5. Dezember.
Foto: http://www.centrumstadskanaal.nl/
Ich hoffe, die Niederländer, die meinen Blog lesen, sind nicht ganz zu enttäuscht von meiner Meinung übers Essen und freuen sich eher noch mehr darüber, dass ich sie als ein unheimlich freundliches und zuvorkommendes Völkchen sind. Ich liebe es hier zu wohnen und täglich neue Entdeckungen zu machen. Und deswegen gibt es heute auch wieder ein neues Lieblingswort: flauwe grap! Das heißt so viel wie schlechter Witz. Denn genau so einen haben wir heute in unserem Niederländischbuch gelesen 🙂
Bis dann meine treuen Leser,
FacebooktwitterpinterestmailFacebooktwitterpinterestmail
Author | Sunny Comments | 0 Date | 5. Dezember 2014

leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Translate »